Raupyboard

Normale Version: [SP] Heart of a Dragon
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Olivine City: Eine Spelunke – heute
„Milan, du solltest deine Geschichte auch niederschreiben. Dein Großvater – möge er in Frieden ruhen – hat das zu seinen Zeiten auch getan, du kennst die Geschichten.“ Der Kapitän der M.S. Anne nippte an seinem Rum-Glas. Der Barmann fragte schon lange nicht mehr, sondern füllte einfach nach. Dolph und der andere Alte, seines Zeichens Kartograph des Schiffes, rauchten schweigend. Schließlich nickte Dolph und blies den blauen Dunst aus. Zeit, dass mehr als nur vier lebende Menschen seinen mittleren Namen kennen lernten.
„Ich bin Dolph Milan Eagle, 20 Jahre alt und dies ist meine Geschichte…“


Blackthorn City: Dragon’s Den – Sechs Jahre zuvor
Dolph erwachte. Sein Großvater Milan hatte ihm abends eine besonders schöne Geschichte erzählt, die er für diesen Morgen aufgespart hatte. Dolph wurde 14, und damit durfte er in die Drachenhöhle gehen. Nicht viele Jungen und Mädchen kamen wohlbehalten, geschweige denn mit einem Pokémon zurück. Für sie war es alle ein unglaublich großer Test gewesen. Für Dolph war es ein Privileg. Auch er würde schon bald in die Urtiefen und Unbekannten der Drachenhöhle hinabsteigen, nur um eine Chance zu bekommen: Der Pokéball ruhte schon auf seinem Nachttisch. Der Wecker zeigte 02:58 Uhr an.

Er hatte sich bewusst das Morgengrauen ausgesucht, weil die meisten gefährlicheren Pokémon dort zu schlafen schienen. Wie oft hatte er zu dieser Uhrzeit ein schlummerndes Georok gesehen, welches wenige Stunden später zu einer Gefahr für Unaufmerksame wurde? Er zog sich an und nahm den Pokéball in die eine und das Wüstenglas – ein Geschenk seines Großvaters – in die andere Hand. Als er nach draußen trat, sog er die noch kühle nächtliche Sommerluft ein und er öffnete die Augen. Die Stadt lag noch in dem grauen Dämmerschleier und niemand war auf. Kein Licht brannte. Er war bereit.

03:17. Er betrat die Höhle und seine Augen gewöhnten sich rasch an die zärtliche Dunkelheit. Wie es in der Höhle aussah, durfte den Heranwachsenden vorher nicht direkt vermittelt werden, denn die Prüfung sollte möglichst hart sein. Natürlich gab es Geschichten, die von den Ältesten erzählt wurden, aus denen man spärliche Informationen heraushören konnte, wenn man aufmerksam zuhörte. Und Dolph war schon immer ein aufgeweckter Junge gewesen.

Er glaubte zu wissen, dass sich in der Mitte der Höhle ein See befand. Das war der richtige Ort. Und er hatte vor, zur richtigen Zeit dort zu sein. Er setzte sich das Wüstenglas auf, denn es schützte nicht nur vor Sandstürmen, sondern auch vor Wasser. Er holte tief Luft und tauchte ein.
Durch die fließenden Bewegungen des Wassers und die Gläser des Wüstenglases verschwammen die Konturen vor seinen Augen, als er in eine andere Welt eintauchte. Er suchte den Boden des Sees am Rande ab, aber er fand nicht das, was er suchte. Wieder und wieder holte er Luft und versuchte er es erneut. Es war auf Dauer ermüdend. Schließlich schwamm er zu einer einsamen kleinen Insel und legte eine kleine Verschnaufpause ein, da erfüllte das Knurren seines Magens die Höhle. Er biss sich auf die Lippen. Mann, war das laut…

Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es an die fünf Uhr war. Oder war sie bereits stehengeblieben, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen war? Dolph vermochte es nicht zu sagen, aber seine Zeit war begrenzt, also wagte er sich um die kleine Insel herum immer tiefer in den See hinein, dass seine Lungen bereits schmerzten. Mehrfach sah er Gegenstände auf dem Boden des Sees, doch es war immer ein falscher Alarm.

Da! jubilierte er innerlich, als seine Hand nicht wieder einen Stein sondern das Objekt seiner Begierde umschloss: Einen Drachenzahn! In der Gegend musste es also ein Dratini geben! Kaum, dass er den Gedanken zuende gedacht hatte, wirbelte der Seeboden hinter ihm auf, doch dank der Wüstengläser konnte er einen Schatten inmitten des Staubes aus Sand ausmachen. Als der Schatten auf ihn zuschoss und sich um ihn wandt, trat er sich von dem Boden nach oben und durchbrach die Wasseroberfläche wenig später. Er zog gierig Luft ein, doch das Wesen hatte ihn noch immer umklammert und er konnte kaum atmen. Seine Finger fanden den Pokéball in seiner linken Hosentasche und er warf ihn unbeholfen einen halben Meter in die Luft. Der Ball tickte genau auf den Kopf des Wesens auf und fiel ins Wasser. Die Sekunden vergingen und kamen Dolph wie Stunden vor, als er auf den Pokéball starrte, der ihm seichten Wasser vor der kleinen Insel lag. Das Licht erlosch.

Erleichtert ließ er sich fallen und wartete einige Momente im seichten Wasser, bis sein Herzschlag und Atemrhythmus sich wieder stabilisiert hatten. Dann machte er sich auf den Weg aus der Höhle hinaus, mit dem Drachenzahn, seinem Wüstenglas und einem kleinen Dratini. Als er aus der Höhle trat, lugte die Sonne gerade über die Berge, also musste es kurz nach sechs sein. Seine Uhr stand noch immer auf kurz vor fünf. Er roch den Tee, den sein Großvater aufkochte, lange, bevor er das Haus betrat. Und sein Großvater sah ihm entgegen, lange bevor er das Haus betrat. Er begutachtete den Pokéball, kniete sich zu Dolph und umarmte ihn. „Ich bin so stolz auf dich. Nun komm herein und erhol‘ dich!“ Es war der schönste Tag in Dolphs Leben.
Mt. Silver: Wildnis – Sechs Jahre zuvor
Die Ereignisse hatten sich schneller überschlagen als ein Geowaz bei der Attacke Überroller. Nur wenige Tage, nachdem er sein Dratini gefangen hatte, entschlief sein Großvater friedlich und hinterließ ihm zwei Schriftstücke: Eines für ihn und eines für den Kapitän der M.S. Anne. Ebenholz City wurde ihm fremd. Dinge, die er sich in seinen wildesten Träumen normalerweise nicht vorgestellt hätte. Jetzt wusste er nur noch, dass er aus dem Ort weg musste. Weit weg.

Wieder einmal im Morgengrauen schlich er sich aus dem Haus, doch dieses Mal nicht mit der Absicht, in drei Stunden wieder in die warme Stube zurückzukehren, einen Tee zu trinken und ein normaler Junge zu sein. Eher, sich in drei Jahren als gestandener Trainer zurück zu seiner Heimatstadt aufzumachen, nachdem er die Welt kennengelernt hatte. Doch nun lag erst einmal der Silberberg vor ihm, den es zu überqueren galt, danach sollte sich ihm eine neue Welt eröffnen: Kanto! So schlich er weiter voran, jedoch begegnete er einer Vielzahl von Pokémon, die in den frühen Morgenstunden auf waren. Die meisten waren friedlich. Dann hörte er das gefahrverheißende Knurren.

„Sniebel, TACKLE!“ Scheiße. Ein Kampf! Und tatsächlich, als er über einen kleinen Hügel in ein ebenso kleines Tal rannte, sah er einen riesigen Hund und einen kleinen Jungen mit einem ebenso kleinen Sniebel. Das kleine Tal hatte scheinbar einen längeren Kampf erlebt; überall war versengtes Gras zu sehen, teilweise brannte das Unterholz und er meinte sogar, verletzte Pokémon klagen zu hören – es war eine gespenstische Szenerie, die sich ihm auftat. Ohne zu zögern beschloss er, dem Jungen zu helfen, denn dieser und sein Sniebel sahen alles andere als gut aus. Er holte den Pokéball mit Dratini hervor und beförderte es vor sich. „Wir machen das. Vertrau mir. Greif den Hund mit Drachenwut an!“ Sein Dratini zögerte etwas, doch dann strahlte es ihn an und einen weiteren Augenblick später bahnte sich die Flamme aus Dratinis Rachen den Weg durch das Gestrüpp und traf den Hund mit voller Wucht.

„Bist du irre?! Hau ab!“ fauchte der Rothaarige sofort. Dolph sah ihn nur verständnislos an. Da hilft man einmal jemandem. Einmal! konnte sich Dolph nur innerlich ärgern und fragte sich, was sich der Junge denn er erlaubte, schließlich war dieser doch in Not! Dratinis qualvoller Schrei durchbrach die Dämmerung und riss ihn jäh aus seinen Gedanken.

„Scheiße, “ fluchte Dolph, „was willst du eigentlich?! Ich wollte dir doch nur helfen, du Idiot!“ Der andere Junge schnaubte ihn nur an: „Ich brauche deine Hilfe nicht, Schwächling! Sniebel, Ruckzuckhieb!“ Dolph kochte vor Wut, doch man musste dem Rothaarigen lassen, dass dieser auf den Kampf fokussiert war. Haste mal wieder was gelernt, Dolph. Und jetzt… „Dratini, Donnerwelle!“ Die Funken waren rasend schnell und der Hund jaulte auf, nachdem er einen Flammenwurf ausspie. Der dummerweise sein Dratini und das fremde Sniebel traf; die beiden armen Pokémon waren fast am Ende ihrer Kräfte, immerhin lag das Hundemon paralysiert auf dem Boden, allerdings sah es nicht wirklich geschwächt aus. „Lass uns abhauen, dieses Pokémon ist viel zu gefährlich!“ brüllte Dolph den Rothaarigen an, doch der befahl seinem Sniebel stur einen weiteren Angriff. „Jetzt, wo es fast besiegt ist? Dann hau doch ab, Welpe!“ Dolph rollte die Augen. Unverbesserlich. Aber jetzt war sein Ehrgeiz geweckt und auch er befahl Dratini einen Angriff. Tatsächlich schwächte die Paralyse den Hund zu sehr, als dass er sich ernsthaft hätte verteidigen können, und so richteten die beiden kleinen Pokémon immer mehr Schaden an, bis der Flammenhund endlich in sich zusammensackte und bewusstlos liegen blieb.

„Geht doch. Und jetzt hau ab! Vielleicht sieht man sich ja mal und wir können kämpfen, wenn wir stärker sind!“ Mit diesen Worten verschwand der Rotschopf, als sei er auf der Flucht. „Komischer Kauz… Aber ein guter Trainer.“ murmelte Dolph und sah sich Dratini an. Es sah nicht gut aus, hatte Kratzer und Bisswunden, von denen es sich erst noch erholen musste, und so wie es aussah, würde das seine Zeit dauern…

„Komm, wir machen uns erst einmal an einem sicheren Ort ein Feuer uns gehen dann schlafen.“ Er hob es auf, nahm einen brennenden Ast in die andere Hand und ging den Hügel auf der anderen Seite hinauf. Nach wenigen Minuten kam er an einem Ausläufer des Berges an, wo sich im massiven Fels eine kleine Höhle gebildet hatte. Er legte Dratini behutsam auf den Boden und suchte nach Feuerholz, das er abbrennen konnte, um die kühle Sommerluft in der Nacht zu überbrücken. Schon bald hatte er genug gesammelt, da hörte er ein Knacken im Unterholz und ihm gefror das Blut in den Adern.

Noch ein wildes Pokémon? Verdammt! Das ist nicht gut! Langsam wurde eine kleine Gestalt deutlich. „Das muss ein Larvitar sein. Ein gemeines Pokémon, ich habe viel über sie gehört, das sind regelrechte Tyrannen.“ Das Larvitar blickte ihn an und Dolph wusste, dass er nichts zu befürchten hatte: Es war offenbar verletzt und suchte Hilfe. Oder spielt es nur etwas vor? Das Pokémon machte einige unsichere Schritte auf ihn zu und stieß einen Klagelaut aus. Es war offensichtlich verletzt. „Okay Kleiner… Mach keinen Ärger, dann darfst du mitkommen.“

Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte voran. Das Larvitar hatte zwar Mühe, ihm zu folgen, hielt aber tapfer durch und so saß Dolph wenig später mit zwei Pokémon vor der warmen Glut eines Feuers. Er öffnete seinen Rucksack. Zwei Briefe, eine kleine Decke, einige wenige Pokédollar und einen kleinen Kochtopf mit etwas Proviant. Mehr hatte er nicht mitgenommen, er wollte möglichst schnell unterwegs sein. Er öffnete eine Dose und köchelte den Inhalt langsam über dem Feuer. Heute Abend musste diese Portion für drei reichen. Die beiden Pokémon hatten Hunger und es ging ihnen sichtlich besser, als das Mahl beendet war; Dolph hatte nur wenig gegessen und betrachtete die beiden Pokémon, die sich eng aneinander an das Feuer kuschelten. Er musste unweigerlich lächeln. „Wenn du das Larvitar magst, Dratini, dann ist es wohl schon ganz in Ordnung." Er legte die Decke über die beiden Pokémon, nahm den Kochtopf und die leere Dose, um sie an einem Bach auszuspülen. Wenige Minuten später war er wieder bei den beiden Pokémon und legte sich zu ihnen. Zusammen schliefen sie den Schlaf der Gerechten.

Dolph erwachte früh am nächsten Morgen. Es war angenehm warm und er packte alle seine Siebensachen zusammen, während seine Pokémon langsam aufwachten. Er führte sie zu dem Bach, wo er gestern Abend bereits war, um ein bisschen im Wasser zu planschen und sich ein wenig vom Schmutz und Ruß zu befreien. Einmal mit der Decke abgetrocknet, sahen sie allesamt wieder salonfähig aus. Die Wunden seiner Pokémon waren jedoch noch deutlich sichtbar. Ein wenig später machten sie sich wieder auf den Weg. Larvitar hatte die Pause genutzt, um einen kleinen Felsen zu verspeisen und diesen zu verdauen. „Du bist echt ein kleiner Gauner!“ Dolph wuschelte dem Pokémon, das ihn selbstsicher und verschmitzt angrinste, über den Kopf.

Am späten Mittag erreichten sie die Passage, die nach Kanto führte. Die Wachposten waren mit einem kleinen alten Mann im Gespräch, vor dem sie offenbar großen Respekt hatten. Es war Norbert, ein Arenaleiter aus Johto. „Nein, Norbert. Hier ist kein Junge vorbeigekommen. Aber es ist sehr freundlich, dass du dich sorgst.“ Dolph räusperte sich und die drei fuhren herum. Norberts Blick war auf ihn gerichtet und für eine Sekunde meinte er eine unmenschliche Härte zu spüren, doch Norberts Blick war sofort wieder sanft geworden. Sucht er wohl den Rothaarigen? „Hey Kleiner! Wo kommst du denn her? Du darfst nicht zum Silberberg! Geh zurück nach Vertania City!“ raunte eine der Wachen und schob ihn unsanft weg, ohne dass Dolph sich rechtfertigen konnte. Offenbar hielten sie ihn für einen Schüler aus Vertania City. Nun gut, so komme ich hier wenigstens schnell weg. Auch Norbert verabschiedete sich kurz angebunden und eilte förmlich Richtung Silberberg. Was will er mit dem Jungen? grübelte Dolph und schlenderte an dem Schild vorbei, das die Indigo-Liga auswies. Von hier oben hatte man eine tolle Sicht und ein kleines Dorf – sein nächstes Ziel – fiel ihm ins Auge. „Hier, ihr zwei. Das ist unsere nächste Station: Alabastia!“
Pallet Town: Auf der Durchreise – Sechs Jahre zuvor
Jeder Trainer, auch in Johto, hatte schon einmal von Alabastia gehört, schließlich befindet sich der das Labor des legendären Professor Eich und zwei der wohl stärksten Trainer, Blau und Rot, kommen aus diesem kleinen Dorf.

Viel mehr gab es inmitten der beschaulichen Kulisse nicht zu sehen. Ganz nett, aber auf Dauer bestimmt nichts, was begeistert. Dolph beschloss daher, das Labor von Professor Eich zu besichtigen. Wie er zur Zinnoberinsel kommen könnte, wusste er noch nicht. Die Wasserroute wäre natürlich optimal, aber keines seiner Pokémon könnte surfen… Doch eine von Dolphs (wenigen) guten Eigenschaften war der Glaube daran, dass sich die meisten Probleme von selbst lösen.

So staunte Dolph nicht schlecht, dass er, gerade als er in das Labor hineinzugehen gedachte, auf keinen geringeren als Professor Eich höchstpersönlich traf. „Hallo, junger Mann, suchst Du etwas Bestimmtes?“ Dolph war baff und brauchte ein, zwei Momente, um sich zu sammeln. „… Ja, natürlich. Eigentlich wollte ich mich in Ihrem Labor umsehen und meine beiden Kameraden heilen… Eigentlich bin ich auf dem Weg zur Zinnoberinsel.“ „Na, das sind aber zwei seltene Pokémon! Schau‘ doch mal rein, ich zeige Dir alles!“ Etwas überrascht von der saloppen Art des Professors folgte Dolph ihm und ließ sich das Labor zeigen, während seine beiden Freunde in eine Maschine eingebettet wurden, um sich von den Strapazen und Kämpfen zu erholen.
Was dem Jungen entging, war der aufmerksame Blick, mit dem Professor Eich ihn bedachte. „Du sagst, Du möchtest zur Zinnoberinsel?“ Dolph nickte stumm und der Professor schwieg eine Weile, dann verschwand er in den hintersten Ecken des Labors. Als er wieder zum Vorschein kam, hatte er ein Gerät in der Hand, das er als PokéCom bezeichnete und Dolph die Funktionen erklärte. Und dass das jetzt seiner sei. Und hier noch ein paar Superbälle als Anfang. Wie viel Glück kann ein einziger Mensch an einem Tag haben? „Oh, zufälligerweise werde ich gleich abgeholt, um die Pokémon-Villa auf der Zinnoberinsel zu besichtigen. Das Schnellboot sollte in wenigen Stunden hier sein. Möchtest Du mitkommen?“

Cinnabar Island: Die Pokémon-Villa – Sechs Jahre zuvor
Er konnte sein Glück kaum fassen. PokéCom inklusive eines Pokédex und Telefon, dazu eine schnelle Möglichkeit, zur Zinnoberinsel zu gelangen UND das Besichtigen der Pokémonvilla oben drauf. Nicht schlecht für einen normalen Tag.

Am späten Nachmittag standen Professor Eich, Dolph und einige Wissenschaftler auch schon vor der Villa. Es wurde Dolph verboten, in die oberen Stockwerke zu gehen und er meinte, das Wort „Mewtu“ aufgeschnappt zu haben. Doch das Pokémon schien nicht in der Villa zu sein, sondern lediglich in Tagebüchern der Forscher erwähnt zu werden, daher hatte Dolph auch kein wirkliches Interesse, den Forschern in die oberen Stockwerke zu folgen. Er hörte noch kurz interessiert zu, wie man aus Fossilien wieder Pokémon extrahieren konnte und dass Mewtu eventuell künstlich hergestellt gewesen sein könnte… Irgendwann verlor er den Anschluss, und so wanderte er mit der Unbeschwertheit eines kleinen Jungen durch die verlassene Villa, welche ihre besseren Zeiten schon lange hinter sich hatte. Es war bestimmt mal ein schönes Haus gewesen… Jetzt waren die Fensterscheiben gesprungen, die Tapeten abgekratzt, Smog und Schleim von Pokémon hing in der Luft und in den Ecken, die Teppiche waren abgewetzt und die Steine der schönen Statuen bröckelten ab. Dann hörte Dolph ein Knurren.

Schlagartig erinnerte er sich an den Hund, der ihn und den mysteriösen Jungen – Wie es ihm wohl geht? – am Rande des Silberberges angriff. Doch der kleine Wauwau, der sich ihm offenbarte, sah dem Hund kaum ähnlich, abgesehen vom Körperbau, denn er war… anmutig, stark und selbstbewusst! Den MUSS ich haben! Der Pokédex teilte ihm mit, dass es sich hierbei um ein Fukano, ein Feuerpokémon handelte. Er wählte daher Larvitar aus, dem Feuer sehr wenig ausmachte und auch gegen die physischen Angriffe des Fukanos war es mit seiner Steinhaut gut gewappnet, daher war es ein kurzer und nicht weiter erwähnenswerter Kampf. Doch er hatte den Hund jetzt schon ins Herz geschlossen.

Am Abend traf er Professor Eich, der sich von dem Fukano begeistert zeigte und wieder nach Alabastia zurückzukehren gedachte. „Vielen Dank für alles, Professor Eich. Sie haben mir extrem weitergeholfen. Ich stehe in Ihrer Schuld.“ „Ach, das ist nicht der Rede wert… Melde Dich einfach bei mir, wenn Du in der Nähe bist und seltene Pokémon gefunden hast… Oder rufe mich an. Hier, ich speichere Dir kurz meine Nummer ein.“ So trennten sich die Wege von Dolph und dem berühmten Professor vorerst. Krasser Tag.

Im Licht der Laternen setzte sich Dolph auf eine Bank, genoss die rauchige Seeluft der Insel und öffnete noch einmal den Brief seines Großvaters. Dann zückte er das andere Schriftstück, das für den Kapitän der M.S. Anne bestimmt war, welche seit einigen Tagen vor der Zinnoberinsel lag. Nach einem Moment der Ruhe machte sich Dolph auf zu dem majestätischen Schiff, das ihn sofort in seinen Bann zog. Die Wache wollte ihn nicht auf das Schiff lassen, aber der Kapitän sei eh „in irgendeiner Bar auf der Insel“. In der dritten Bar wurde Dolph dann fündig. Er hatte heute schon Professor Eich getroffen und vor ihm an der Bar befand sich eine weitere große Persönlichkeit: Der Kapitän der M.S. Anne. Dolph trat an ihn heran, packte all sein Selbstbewusstsein zusammen und sprach den Satz aus, der – ohne, dass Dolph sich dessen schon bewusst war – sein Leben für die nächsten Monate drastisch verändern sollte. „Entschuldigen Sie. Ich habe einen Brief von meinem Großvater für Sie. Ich möchte bei Ihnen anheuern.“
Olivine City: Eine Spelunke – heute
„Was in den dreiundzwanzig Monaten, die ich auf der M.S. Anne verbracht habe, passiert ist, muss ich ja in dieser Runde nicht erwähnen… Abgesehen davon habe ich auch nicht den ganzen Abend Zeit, daher will ich mich damit begnügen, diese Periode zum großen Teil zu überspringen.“

Tohjo Falls: Der Wasserfall – Vier Jahre zuvor
Die knapp zweijährige Dienstzeit auf der M.S. Anne lief beinahe im Zeitraffer an Dolph vorbei. Er hatte viel erlebt, mit der Crew widrigsten Wetterverhältnissen getrotzt, hübsche Mädchen getroffen, getrunken, geraucht. Das abenteuerliche Leben eines Seemanns. Doch er hatte dem Kapitän bereits mitgeteilt, dass er eine neue Herausforderung suchte: Kanto zu erkunden und die dortigen Arenaleiter zu schlagen!

Nahe der Tohjo-Fälle, welche den Übergang zwischen Johto und Kanto einleiteten, begab sich Dolph entschuldigend von Bord. Er habe die Fälle noch nie gesehen blabla, er sei gegen Mittag wieder da blabla und dann könnte es weitergehen blablablabla. Er hatte allerdings von einem Seemann einen Hinweis bekommen, dass sich dort eventuell seltene Fossilien befinden könnten – doch anscheinend war der Kerl einfach nur betrunken gewesen, denn abgesehen von den Wasserfällen fand Dolph nicht viel. Er zuckte mit den Achseln. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, weil es noch recht früh war, also konnte er sich genauso gut erst einmal erfrischen. Er zog sich aus und trat an den mächtigen Wasserfall heran.

Das lauwarme Wasser fühlte sich angenehm auf seiner Haut an und völlig entspannt lehnte er sich gegen die Felswand und genoss den Augenblick. Nach einigen wenigen Momenten der Ruhe striffen seine Finger über die raue Oberfläche des Felsens. Dieser fühlte sich tatsächlich etwas… anders an, als Dolph es erwartet hätte. Statt der kantigen, willkürrlichen, durch die stetigen Wasserströme nur leicht abgestumpfte Oberfläche fühlten Dolphs Finger Kurven im Stein. Er holte sein Wüstenglas und spähte durch den Wasserfall. Tatsächlich!

Am Mittag war er pünktlich zurück auf dem Schiff, sichtlich erholt und gut gelaunt. Er wollte sich an der Zinnoberinsel, die Heimat seines Fukanos, das ihn treu begleitet hatte, absetzen lassen und so schipperte der majestätische Dampfer durch die Gewässer Kantos.

Cinnabar Island: I’m Coming Home – Vier Jahre zuvor
Abschiede fielen Dolph noch nie schwer und trotzdem wurde er ein wenig wehmütig, als er allein über die Insel ging, wo er vor zwei Jahren mit Professor Eich die Pokémon-Villa besichtigt hatte, welche Fukanos Heimat war. Auch hier hatte sich nichts verändert, wie sie nach einer kleinen Stippvisite erkannten, also gingen sie in das Gebäude nebenan: Das Labor! Die dortigen Forscher hatten unter der Leitung von Pyro, dem mysteriösen Arenaleiter, beachtliche Erfolge hinsichtlich der DNS-Forschung an Pokémon erzielen können und waren begeistert von seinem Skelett. Anscheinend war es ein versteinertes Kabutops, was auch immer das für ein Pokémon sein sollte. Dolph war höchst gespannt. „Leider dauert es noch seine Zeit… Versuche doch derweil dein Glück in der Arena von Pyro!“ Dämliches Forscherpack.

Die Arena selber war ein alter Vulkan, den Pyro zu seinen Zwecken umgebaut hatte. Es war unheimlich warm. Dolph zückte seine Pokébälle. „PYRO! Ich fordere dich heraus zu einem Zweikampf!“ Doppelkämpfe, seine Spezialität. Tested on the sea.

Statt Pyro erschien ein… *Beep!* Arkani. Und ein Galoppa im Schlepptau. Pyros Spezialitäten. Direkt aus dem Vulkan.

„HERAUSFORDERER! Ich nehme an! Galoppa, Stampfer! Arkani, Feuerwirbel!“ schallte eine Stimme durch das Vulkaninnere, die Pyro gehören musste.

Dolph hatte seine Pokémon bereits gewählt. „LARVITAR, Sandsturm!“ rief er, und Arkanis Feuerwirbel verpuffte wortwörtlich. Galoppas Stampfer jedoch traf Fukano völlig unvorbereitet. Scheinbar hatte Pyro Fukano als schwächstes Glied in Dolphs Kette ausgemacht, denn sowohl Arkani als auch Galoppa rannten auf es zu. Dolph lächelte nur, Larvitar wusste, was zu tun war. Diese Taktik war zwar hochriskant, aber gnadenlos effektiv. Alles musste sitzen. Galoppas Stampfer traf Fukano wieder und Arkani hatte mit einem starken Bodycheck angegriffen. Fukano war der Bewusstlosigkeit nahe. Der Sandsturm schien ihm hingegen im Gegensatz zu den anderen beiden Feuerpokémon nichts auszumachen. Training zahlt sich halt doch aus… „Los, Jungs.“ Sagte Dolph.

Larvitar schrie laut und zog die Aufmerksamkeit von Arkani und Galoppa auf sich, bevor sich die ersten Steine von der Vulkaninnenwand lösten und auf die beiden Pokémon des Arenaleiters zurasten. Doch sie alle sollten nur Arkani treffen, was unter einem riesigen Haufen aus Stein begraben blieb. Ein Volltreffer, dem Galoppa zwar ausweichen konnte, aber Fukanos Angriff mit Gegenschlag – einer Attacke, die umso stärker ist je geschwächter das Pokémon ist, das sie einsetzt – beendete den Kampf. Dolph hatte gewonnen. „Du kämpfst nicht zum ersten Mal.“ Dolph erschrak, als er Pyros Stimme direkt hinter sich hörte.

„Professor Eich hatte schon immer ein untrügliches Gespür dafür, welche Trainer einen Pokédex bekommen sollten und welche nicht. Nimm meinen Pyro-Orden als Gratulation für deine Künste. Und diesen Feuerstein für dein Fukano, es sollte schon bald dafür bereit sein…“ Jetzt erkannte auch Dolph den Mann: „Sie sind doch derjenige, der damals die Forschungen über Mewtu geleitet hat, als der Professor und ich hier waren! Damals durfte ich zwar nicht daran teilnehmen, aber ich würde gerne mehr über dieses Pokémon erfahren.“ Pyros Miene wurde hart. „Jungspund! Ich werde dir die Grundzüge der Forschung zeigen, aber nicht mehr! Mewtu in den falschen Händen wäre eine Katastrophe. Aber du hast dir das Recht erworben, etwas mehr zu erfahren… Folge mir.“ Pyro ging voraus, stoppte aber kurz und sprach zu Dolph, ohne sich umzusehen. „Dein Skelett. Mein Team konnte daraus ein Kabuto reanimieren. Das ist ein sehr seltenes Pokémon, meinen Glückwunsch. Es befindet sich ebenfalls in meinem Büro.“ Dolph wurde aus Pyro nicht schlau. Sofort war er böse und abweichend geworden, als er Mewtu ansprach. Dabei sah er doch nach einem so netten Greis aus… „GREIS?!“ Dolph erbleichte.

Olivine City: Eine Spelunke – heute
„Mehr möchte ich hierüber nicht erzählen. Ich spendier‘ uns erst einmal eine Runde! Danach geht es weiter… Die Safari-Zone empfehle ich allerdings schon im Voraus.“ Dolph zwinkerte den beiden Männern zu.
Cinnabar Island: Beginn der Reise durch Kanto – Vier Jahre zuvor
Kann der etwa Gedanken lesen?! Dolph schluckte und versuchte, an möglichst nichts zu denken, denn ihm war ein wenig unwohl bei diesem Gedanken, der ihn auch noch während Pyros interessanten Ausführungen über das Pokémon Mewtu beseelte. Zwar hatte Dolph einige Fragen, doch Pyro hatte ihm sehr deutlich gemacht, dass er nicht mehr als das, was er erzählte, preiszugeben gedachte. Vielleicht treffe ich ein Mewtu ja irgendwann mal. Keine Frage, ein Statement. In Gedanken.

Als Abschied erhielt er von Pyro einen Pokéball mit seinem Kabuto. Die beiden tauschten einen letzten Gruß und gingen getrennter Wege, Dolph sah dem alten Forscher nach. „Aus diesem Mann wird man nicht schlau.“ stellte Dolph fest, seufzte und setzte einen entschlossenen Schritt nach vorne –

Und stieß mit einem Unbekannten zusammen, sodass sein Pokéball, den er gerade erst bekommen hatte, auf den Boden fiel. Der Fremde hob ihn auf. „Oh, ein Kabuto! Wie schön,“ lächelte der Fremde Dolph an, „denn zufällig kenne ich mich mit Steinen und Fossilien vieler Arten ziemlich gut aus. Mein Name ist Troy Trumm. Du bist also derjenige, der Pyro besiegt hat? Die halbe Zinnoberinsel spricht über dich.“ Ein paar zu viele bedeutende Persönlichkeiten in den letzten Tagen… Wen treffe ich denn noch, Giovanni?

„Ähmmmmm. Ja. Ich habe jetzt wohl meine fifteen minutes of fame… Der Kampf war sehr knapp.“ antwortete Dolph verlegen und fast schon entschuldigend. „Keineswegs, junger Fossilien-Freund! Nimm dieses Pokémon-Ei. Es ist ja bekannt, dass ich jungen Trainern gerne mit meiner Spezialität aushelfe: Stahl-Pokémon. Lass dich überraschen!“ Ein stählerner Vogel war neben ihnen gelandet und Troy Trumm stieg auf. Dolphs Pokédex informierte ihn darüber, dass es ein Panzaeron, ein – oh Wunder! – Stahlpokémon war. Troys letzte Worte bekam er kaum noch mit. „Zwei neue Pokémon an einem Tag! Wahnsinn!“

Wie es das kleine Kabuto schaffen konnte, als Wasserpokémon ihn und Gepäck über das Meer sicher bis nach Fuchsania zu bringen, grenzte an ein Wunder. Aber die gab es in dieser verrückten Welt ja zuhauf. „Nicht umsonst gibt es das berühmte Sprichwort: Auch ein Dodu kann fliegen!“ Dolph hatte sich auf der Reise über Fuchsania City informiert und sich zwei Dinge vorgenommen: Die Safari-Zone zu besuchen und die dortige Arenaleiterin, die Tochter eines berühmten Ninjas, um ihren Orden zu erleichtern. Die beschwerliche Reise über das Meer dauerte einige Tage, sodass er seine Pokémon spätabends ins Pokécenter brachte und sich ein Hotelzimmer nahm. Er und seine Pokémon erholten sich bis in die Mittagsstunden von den Reisestrapazen. Nach dem Essen hieß es dann: Jagdzeit!

Fuchsia City: It’s NINJA TIME! – Vier Jahre zuvor
Die Safari-Zone war allerdings eine sehr frustrierende Angelegenheit für Dolph. Während seine Pokémon sich noch erholten, verbrachte er den Mittag dort, um sich vielleicht ein Sichlor oder Chaneira anzueignen. Letzteres traf er nicht ein einziges Mal an. Ein Sichlor zerfetzte ihm sein Shirt. Ein Pinsir fraß seinen halben Beutel voll Köder. Bibor stichen ihn. Smettbo und ihre abartigen Sporen trieben ihn in den Wahnsinn. Er fing nicht ein einziges Pokémon. “SCHEISSE MAN!“ brüllte er. „Zum Glück hat das keiner mitansehen müssen hier!“ Doch nach dem Regen folgt bekanntlich Sonnenschein. In diesem Falle war es ein Schichtwechsel in der Safari-Zone, der ihm das sonnigste Lächeln bescherte, das er für die nächsten Monate zu sehen bekommen sollte. Nämlich das der bezaubernden jungen Empfangsdame.

„Guten Tag! Darf ich Ihnen die restlichen Safaribälle abnehmen?“ Dolph lächelte zurück. „Das ist nicht nötig, denn ich habe sie, “ er musste sich räuspern um sich eine gute Ausrede einfallen zu lassen, „… in der Safarizone verloren.“ Klasse Ausrede Junge, klasse.

„Oh, wie schade… Dann war die Jagd wenigstens erfolgreich?“ fragte sie und warf einen Blick auf Dolphs zerfetzte Kleider. Mann, hat die ein Lächeln… „Die war nicht der Rede wert!“ lachte er etwas zu laut. Und das war nicht einmal eine Lüge. Reiß dich zusammen, Alter! „Wie lange dauert denn hier so eine Spätschicht?“ Schön indirekt, Mann. Was geht?! „Nur aus Interesse, versteht sich.“ Idiot! dachte er und wurde rot.

Die Begegnung mit dem hübschen Mädchen mit dem klangvollen Namen Nina hatte ihn mehr gestresst als die Jagd in der Safari-Zone. Er ging erst einmal ins Hotel, um sich frisch zu machen und umzuziehen. Die alten Klamotten wanderten direkt in den Müll. Etwas bequemes für die Arena nahm er sich aus dem Schrank, die schlichtere der beiden Uniformen nahm er mit an die Rezeption mit der Bitte, dass sie gegen entsprechendes Entgelt doch bitte gereinigt werden möge. Schließlich muss ich heute Abend gepflegt aussehen. Er lächelte. Das Lächeln der Rezeptionistin ließ ihn ausnahmsweise kalt.

Er holte seine Pokémon aus dem Center, herzte sie und machte sich leichtfüßig auf den Weg. Die Arena beherbergte einige Trainer, doch die letzten Tage auf See waren eine gute Vorbereitung gewesen, denn die Schwimmer waren teilweise harte Gegner gewesen. Von der Arenaleiterin war bislang keine Spur zu sehen gewesen und er lief ständig gegen irgendwelche Scheiben, die schlecht geputzt waren, sodass er irgendwann einfach mit ausgestreckten Armen langsam durch die Arena irrte, um sich weitere Beulen zu ersparen. Bisher war es alles andere als ein ruhmreicher Aufenthalt hier in Fuchsania City gewesen. „Dreckststadt hier!“ fluchte er leise.

An einem Spinnennetzfaden seilte sich ein Ariados direkt vor seinen Kopf. „Man muss nur laut genug fluchen, hat heute schonmal geholfen! Fukano, setz‘ den Laden hier in Brand!“ Ariados, Iksbat, Smogmog… Aber der Kampf hielt nicht das, was er versprochen hatte, denn Dolph hatte wie beflügelt auf alles eine Antwort gehabt. Und alles, was Janina während des Kampfes (oder davor, geschweige denn danach) über die Lippen gebracht hatte, war „…“ oder „….“ und einmal sogar „…………….“. Ein harter, aber unspektakulärer Kampf. Sein Kabuto hatte sich ebenfalls sehr passabel geschlagen. Den Weg zwischen den Glaswänden zurück hatte er natürlich wieder vergessen und es dauerte eine halbe Ewigkeit, ehe er den Ausgang fand.

Zurück im Hotel nahm er dankend seine Uniform entgegen, zahlte brav die geforderte Summe plus Trinkgeld – war damit um die Hälfte der während der letzten Tage erarbeiteten Gewinne leichter – und verschwand auf seinem Zimmer. Duschen, rasieren, stylen, Uniform, doppelter Windsor-Knoten check! Er setzte sich in ein Café und wartete bis zur Dämmerung auf Ninas Anruf. Irgendwann wurde ihm unwohl zumute und er sah in immer kürzeren Abständen auf die Uhr. Als ihm die Uhrzeit nicht mehr recht war, spielte er mit der Krawatte. Die ganze Zeit über konnte er keinen klaren Gedanken fassen. FUCK man, fuck! Haste wohl doch keinen guten Eindruck hinterlassen… Zeit, dieses verdreckte Kaff hier zu verlassen. Scheiße! Dolph stand auf.

„Oh, du wolltest gehen? Wie schade...“ Da stand sie vor ihm. Und ihr Lächeln. Herrlich. „Ähm, nein, ich wollte mir nur ein Glas Wasser holen… Möchtest du auch etwas haben?“Ich muss echt öfter fluchen!

Es war ein wirklich schönes erstes Date gewesen, doch Nina schien enttäuscht darüber, dass er die Stadt bald wieder verlassen musste, als sie über die Strandpromenade schlenderten. Aber so etwa habe sie sich bereits gedacht, als sie seine Uniform gesehen hatte und warum er denn nicht mehr auf See war und was er jetzt zu tun gedenke und ob sie sich wiedersehen würden und und und. Musik in Dolphs Ohren. Auch wenn sie ihm einen Knopf an die Uniform redete, die ohnehin genug besaß. Auch wenn die Worte wie ein Schwall Wasser aus ihrem Mund sprudelten, Dolph genoss jede Sekunde und beantwortete alle Fragen. Der Mond schien schon lange am Himmel, als sie am Pier die Beine im Wasser baumeln ließen und Händchen hielten. Wie in diesen scheiß Schnulzenfilmen! Da schubste sie Dolph ins Wasser.

Als er unter Wasser die Augen aufschloss, dachte er zuerst, sie könne wohlmöglich Gedanken lesen und ihm war bange, als er wieder an die Oberfläche kam und erst einmal tief Luft holte. Da spürte er ihre Lippen auf seinen. Er machte die nächsten Minuten die Augen nicht auf, sondern zog sie zu sich ins Wasser und sie küssten sich, während sie sich strampelnd über Wasser hielten.

Dolph reihte in seinem Kopf alle ihm bekannten Flüche zusammen, die ihm einfielen. „Auch, wenn das abgedroschen klingt… Hast du Lust auf ein Hotelzimmer?“ Sie biss sich auf die Lippen und sah ihn an. Erst abschätzend. Dann lustvoll. Und diese Lippen! Dann lachte sie auf. „Es ist eh schon spät, Großer! Auf, auf!“ MJAMM. MJAMM. MJAMM.
Fuchsia City: Die Reise geht weiter – Vier Jahre zuvor
Der Abend hatte seinen Aufenthalt in Fuchsania City durchaus versüßt. Er hatte sie vorgewarnt, er müsse früh raus, weil er einen Bus bekommen müsse – dessen Abfahrtszeiten er sich natürlich vorher genauestens angesehen hatte – und er sich sicher bei ihr melden würde. Letzteres stimmte sogar. Er hatte einfach Angst, sich von ihr verabschieden zu müssen. Um fünf Uhr morgens war er geduscht und hatte seine Sachen gepackt, er beließ es bei einem Stirnkuss als Abschied. Wehmütig trat er aus dem Zimmer. Er lächelte die nette Dame an der Rezeption an und bat sie, sein Zimmer erst nach Mittag zu reinigen und bezahlte. Das junge Mädchen lächelte ihn nicht mehr an.

Er nahm tatsächlich den Bus, ließ sich aber kurz nachdem sie Fuchsania City verlassen hatten absetzen. Manche Reisen musste man selber antreten. Er musste erst einmal seine Gedanken ordnen, sich über Nina im Klaren sein und dafür brauchte er seine Zeit und Ruhe. Und genau diese Ruhe hatte er auf dem Fußweg nach Lavandia. Ruhe insofern, dass er abgesehen von einigen Trainern, die er zum Frühstück runterputzte, keine Konversationen zu führen hatte. Die triste Stimmung, welche ihn Wochen später empfing, passte zu seinem Gemütszustand. Er konnte Nina nicht vergessen und sie hatten telefoniert. Als Seemann hatte er sich zwar die Hörner abgestoßen und er wollte durchaus eine langfristige Beziehung eingehen – und mal ehrlich: Nina spielte schon in seiner obersten Liga! – und doch sagte er ihr, dass er ganz Kanto bereisen wolle, um die Arenaleiter zu schlagen. Und vielleicht auch noch Johto.

Natürlich hatte sie sich während des großen Teiles der Reise nicht mehr gemeldet, aber glücklicherweise wieder eingekriegt und eine Nachricht hinterlassen. Die leise Hoffnung, die in ihm aufkeimte, machte Lavandia in wenigen Augenblicken zunichte. Die Stadt war einfach trostlos. Gräber. Alte, verbitterte Menschen. Waisen. Mehr Gräber. Dolph entschied sich, nur eine Nacht hier zu verbringen, sodass er und seine Pokémon sich erholen konnten. Er schlief beschissen. Jeder schwere Sturm auf See wäre ihm lieber gewesen, denn er war der Überzeugung, Klagerufe zu hören, die er weder Pokémon noch Menschen eindeutig zuzuordnen vermochte. Morgens besuchte er mit seinen Pokémon den Pokéturm, doch abgesehen von weiteren Gräbern gab es nichts zu besichtigen.

Ihm kam es vor, dass der Himmel sich auftat, kaum dass er Lavandia verlassen hatte und auch Nina hatte sich gemeldet. XOXO.

Der Felstunnel war nicht minder ermüdend als sein Aufenthalt in Lavandia und es kam ihm vor, als irrte er tagelang in der dunklen Höhle. Er nahm sich vor, ein Elektropokémon zu fangen, bevor er nach Johto wanderte, denn eine solche Dunkelheit wie in dieser Höhle zerrte seine Reise unangenehm in die Länge. Endlich erreichte er den Ausgang in Richtung Azuria City. Vorher galt es jedoch, die Nugget-Brücke zu überqueren. Die Trainer davor waren keine wirkliche Herausforderung gewesen, doch sie redeten von einer „Misty“, der hiesigen Arenaleiterin, die stark sein sollte. Im Vergleich zu euch Weichköpfen bestimmt.

Bereits nach dem zweiten Trainer auf der Nuggetbrücke entwickelte sich sein Tanhel zu Metang. Das Tempo wurde also angezogen. Dieser Trainer sagte ihm, Misty habe sich auf Wasserpokémon spezialisiert. Das passte Dolph natürlich überhaupt nicht, denn sowohl Larvitar als auch Fukano hätten in der Arena große Mühen. Es machte ihm Mut, dass Misty laut dem nächsten Trainer recht unerfahren und leicht reizbar sei. Die stählerne Verteidigung von Metang, dazu eine Prise Verwirrung stiften und Misty auf die Palme bringen – er hatte seine Taktik gefunden. Die Elektropokémon mussten warten. Als er den vierten Trainer besiegte, war er kurzzeitig der festen Überzeugung, eine unmenschliche Präsenz zu spüren. Er sah über den Fluss rechts und erblickte eine Höhle. Er solle sich keine Mühe machen, denn in dieses Areal kämen nur Trainer mit mindestens acht Orden. „Danke.“ sagte Dolph und behielt seine „Area 51“ im Hinterkopf. Das war das erste Wort seit langem, das er ausgesprochen hatte.

Der nächste Trainer war sehr zäh. Doch Dratini, sein engster Kumpan, behielt am Ende die meiste Kondition. Pardon, Dragonir. Viel Spaß, Misty. Er betrat Azuria City.

Cerulean City: Arena – Vier Jahre zuvor
Die Leute in Azuria waren ihm sehr sympathisch, denn sie waren offen, freundlich und direkt. Die Härte, die er aus Ebenholz gewohnt war, vermisste er hier dennoch ein wenig. Seine Pokémon ließ er für den Vormittag in der Pension südlich der Stadt, um sich Informationen über die mysteriöse Gegend vor Azuria zu beschaffen. Keiner der Bewohner konnte ihm helfen, doch ein Greis, der neben der Parkbank stand, auf die sich Dolph niedergelassen hatte, hatte eine interessante Geschichte auf Lager. „Es ist die Azuria-Höhle, die bewacht wird. Sie beherbergte schon immer sehr starke Pokémon und in den letzten Jahren kamen Pokémon her, die aggressiver und stärker waren. Die Höhle hat sich verändert…“ Dolph war nur ein Pokémon bekannt, welches böse genug und stark genug sein konnte, um diese Geschehnisse zu erklären. Dolph dankte dem alten Mann und ging zur Pension. Wenn Pyro Recht mit seinen Ausführungen hatte, war Dolph chancenlos. Vielleicht bietet sich ja irgendwann die Gelegenheit, mit anderen starken Trainern in die Höhle zu gehen… Aber das wird dauern…

Beseelt von dem Gedanken, dass er etwas wusste, von dem bislang nur eine Handvoll Personen des Kalibers Professor Eich oder Pyro wissen konnte, nahm er seine Pokémon wieder an sich und trat in die Arena. Bikinis und hübsche Mädchen. Eine nüchterne Feststellung, denn die Mädchen spielten sicherlich in Ninas Liga. Dolph schluckte. Wie so oft stellte sich heraus, dass gutaussehende Mädchen durchaus schlechte Trainer waren, denn sie besaßen zwar starke Pokémon, doch es fehlte ihnen an Vision und Siegeswillen. Auch, wenn ihn die Bikinis und eng sitzenden Badehosen ablenkten, hatte Dolph wenig Mühe in der Arena. Misty war noch nicht da, doch eine Trainerin hatte sie bereits angerufen.

Misty stürmte förmlich in die Arena und fluchte wie ein Seemann. Fauchte die Trainer an, stauchte Pokémon zusammen und drehte sich wutentbrannt zu Dolph. Na, das läuft ja besser als erwartet. Er ließ ihre Hassrede auf sich einprasseln. „… Und dann steht hier ein Wicht vor mir, der in meiner Arena Unruhe stiftet, dass ich angerufen wurde, als ich bei B- ich meine, unterwegs war und es mir überhaupt nicht passt gerade, weil ich keine Lust mehr habe, kleine Würmer zu zerquetschen und ich HASSE Insekten!“ Während sie eine Verschnaufpause einlegen musste, drehte Dolph sich wortlos um und sagte: „Los, Dragonir. Der Kampf kann beginnen.“

Misty erklärte ihm die Regeln, zwei Pokémon nacheinander, kein Doppelkampf, es solle schnell gehen und worauf wartete er überhaupt noch blubb blubb. Ihr Sterdu schoss aus dem Pokéball. „Dragonir. Mach das… Miststück“ – er betonte das letzte Wort langsam – „fertig.“ Misty war sofort auf 180 und befahl ihrem Sterndu, „Blubbstraaaaaahhhhllll!!!“ einzusetzen. Die Attacke war unüberlegt, unpräzise und Dragonir hatte keine Mühe, dieser auszuweichen und Sterndu mit einem Slam durch die Arenawand zu befördern. „WIE. KANNST. DU. ES WAAAAAGEN mein süßes Sterndu- STERNSCHAUER!!!“ Dragonir konnte sich zwar schützen, doch die Sterne prasselten auf es nieder, schnitten und verletzten es einigermaßen stark. „Dragonir, Windhose und Drachenrute, jetzt!“ rief Dolph und eine Windhose fegte über das Wasser der Arena, traf das Sterndu und schloss es ein. Dragonir war bereits unterwegs und sein Schweif schlug das Sterndu ein weiteres Mal durch die Wand der Arena. Diesmal kam kein Sternenschauer zurück.

Dafür aber eine von Mistys Wutattacken, die Dolph jedoch komplett ausblendete. Der letzte Trainer auf der Nuggetbrücke hatte ihn vor Mistys Starmie gewarnt und er war bereit; kaum, als der Pokéball den Boden berührte, heulte Dragonir laut auf und schickte eine Donnerwelle auf den Weg, welche das ganze Becken elektrisierte, Starmie hart traf und paralysierte. Eines der Mädchen hatte die Füße im Wasser gehalten und sah aus, als habe es die Finger in eine Steckdose gehalten. „Lookin‘ good girl!“ grinste Dolph; die Schnur ihres Bikinis war verschmort und infolge dessen gerissen. Ein schöner Anblick.

Diesen Augenblick nutzte Starmie, um mit einem Turbodreher Dragonir so zu treffen, dass dieses sofort k.o. ging. Dolph ärgerte sich ein weiteres Mal schwarz, dass eine Unaufmerksamkeit von ihm seinen Pokémon zum Nachteil wurde, rief Dragonir zurück und schickte Metang in den Kampf. Starmies Psychotricks erwiesen sich als nutzlos, als die Psychokinese, die Misty befahl, fast ohne Schaden von Metang abprallte, das Starmie widerum mit einem Bodycheck in hohem Bogen durch die Luft beförderte. Doch mit einem Sternschauer konnte Starmie den Fall abfangen, gleichzeitig Metang in die Defensive drängen und mit einem Blubbstrahl attackieren. Misty jubilierte, als Metang hart getroffen wurde. „METALLKLAUE!“ Tiefe Furchen gruben sich in Starmies Schale, als Metangs Klauen es trafen. Metang schien neuen Mut durch den Angriff zu finden und wollte wieder attackieren, doch Dolph ahnte bereits den nächsten Sterneschauer und befahl Metang, seine magnetischen Fähigkeiten zu nutzen und an der Statue am Arenaeingang anzudocken. Die Sterne flogen in Metangs Richtung, prallten aber an der Statue ab. Mitten im Angriff wirkte die Paralyse und Metang schoss in Richtung Starmie, als Dolph im die Verfolgung befahl. Die letzten Sterne kamen Metang nicht schnell genug hinterher und es traf Starmie inmittes des Kristalls an der Front, der zerbrach. Dolph hatte seinen dritten Ordnen erworben.

Misty beschwerte sich lautstark über die Unfähigkeit ihrer Mädchen in der Arena, bezichtigte Dolph des Betruges und schmiss den Orden ins Becken. „DA! Nimm ihn und lass mich in Frieden, Streuner!“ Sie stürmte aus der Arena. Dolph zog sich bis auf die Badehose (er hatte ausnahmsweise mitgedacht) aus und sprang ins Becken. Er tauchte bis zum Grund, sammelte den Orden auf und stieß sich ab. Es erinnerte ihn an das Gefühl, den Drachenzahn vom Boden des Sees in der Drachenhöhle zu greifen und den Triumph an der Oberfläche auszukosten. Das Mädchen, dessen Bikini sich auf unrühmliche Weise verabschiedet hatte, sah derweil interessiert sein Metang an.

„So ein Pokémon habe ich noch nie gesehen. Was ist das?“ Dolph baute sich vor ihr auf. „Es ist ein Stahlpokémon, ein Metang. Sehr schön, nicht?“ Er griff sich das Handtuch, das sie sich um ihren Oberkörper gebunden hatte und trocknete sich kurz das Gesicht ab. „Lust, duschen zu gehen?“ Statt einer Antwort setzte es eine schallende Ohrfeige. Dolph öffnete den Mund und knackte mit dem Kiefer. „War einen Versuch wert.“ zuckte er entschuldigend mit den Schultern. Und ein schöner Anblick noch dazu. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen ging er duschen.
Saffron City: Psychotricks – Vier Jahre zuvor

Von der eiskalten Du- ... Abreibung erholt, verließ Dolph die Arena von Misty auch wieder und begab sich in den Süden der Stadt. Trotz des gewonnenen Ordens ging ihm Mewtu nicht wirklich aus dem Kopf. Den Marsch in Richtung Saffronia City erledigte er daher eher desinteressiert und beachtete die Trainer kaum. Ein oder zwei mochten ihn gar herausgefordert haben, doch sie ließen die Qualität, an die er dank der Arenaleiter allmählich gewöhnte, vermissen. Der Marsch war also eher ein Spaziergang, und so erreichte er die größte Stadt Kantos, von der er schon viel gehört hatte: Saffronia City!

Er erreichte die Stadt vom Norden aus und hatte vorgehabt, das Dojo zu besuchen, doch leider war der Meister offensichtlich verhindert. Auch egal, alles findet sich. Irgendwann. Er begutachtete die Arena und sah… nicht viel. Teleporter. Trainer. Es erschien also vielversprechend. Doch vorher gab er der stets freundlichen Schwester Joy seine Pokémon zur Pflege, er wollte keinesfalls mit Handicap kämpfen, der Kampf gegen Misty hatte durchaus seinen Tribut gefordert. Er glitt also durch die weiten Straßen, schickte Nina ein Foto der ortsansässigen Psychiatrie mit dem Hinweis, er begebe sich zwecks Behandlung von nun an in die Nervenheilanstalt, fand aber nichts besonderes an der Stadt, außer den großen Bahnhof, der ihn irgendwann wieder gen Johto bringen sollte. Und den riesigen Wolkenkratzer, welcher der Silph Co. Gehörte, den er aber nicht betreten durfte. Dämlicher zwielichtiger Wachhabender! Komischer Typ…

Dolph setzte sich in ein Café, um sich noch einmal ausgiebig zu stärken. Die Sonne ging schon langsam unter, und er hoffte darauf, dass die Trainer in der Arena entweder a) müde, b) weg oder c) am Schlafen sind, sollte er die Arena betreten. Doch dazu benötigte er seine Gefährten zurück, also machte er sich auf. Im Poké-Center angekommen bedankte er sich bei Schwester Joy, zahlte die Behandlungskosten, stellte fest, dass sein Reisegeld mengenmäßig immer weiter abnahm, versuchte zu berechnen, wie lange das noch ausreichen könnte, wie er dauerhaft einen konstanten Geldfluss sichern konnte, ohne von den mickrigen Beträgen aus den Erlösen von Trainerkämpfen abhängig zu sein, denn schließlich wollte er ja nicht irgendwann mittellos dastehen, weil es ja auch durchaus wichtig war, dass… „STOPP!“ Die Passanten um ihn herum sahen ihn erstaunt an, als er in der ruhigen Straße laut herumschrie. Er blickte um sich und die Leute begannen wieder, ihren alltäglichen Geschäften nachzugehen. Das beschloss Dolph auch zu tun – und ging schnurstracks zu der Arena, in der Sabrina ihre Zeit verbrachte.

Entgegen seiner Hoffnung waren die Trainer keinesfalls a) müde, b) weg oder c) am Schlafen, sondern brannten darauf, den ersten (und vermutlich auch letzten) Herausforderer des heutigen Tages zu vernichten. Der nette Herr im Eingangsraum erklärte ihm, dass er durch die Teleporter in verschiedenste Räume gelinge und dass bereits Wetten auf sein Abschneiden geschlossen wurden – keine ginge über drei Räume hinaus. „Toll für dich, da pfeif ich drauf!“ spuckte Dolph ihm entgegen und betrat den ersten Teleporter. Es war ein komisches Gefühl. Es drehte einem glatt den Magen um, bevor man hart auf den Boden der Tatsachen knallte.

„LOS, Flegmon!“ Will die F**** mich auf den Arm nehmen?! Arenakämpfe hatten schon besser angefangen. Entnervt wählte er den erstbesten Pokéball, aus dem sein Kabuto hervorschlüpfte. Mithilfe von Absorber dauerte der Kampf zwar, aber Flegmon hatte am Ende keine Chance.
„LOS, Flegmon!“ Entnervt sah er in die Raumecke, aus der sein Kabuto hervorschoss. Mithilfe von Absorber dauerte der Kampf zwar, aber Flegmon hatte am Ende keine Chance.
„LOS, Lahmus!“ Entnervt wählte er den Pokéball, aus dem sein Dragonir hervorschoss. Anders als bei Kabuto dauerte der Kampf zwar, aber Lahmus hatte am Ende keine Chance. Er stolperte in den nächstbesten Teleporter.

„Nebulak! Nebulak! Alpollo!“„Fukano! Larvitar! Dragonir!“„Nebulak! Nebulak! Alpollo!“„Fukano! Larvitar! Dragonir!“ … … … Höre ich Stimmen in meinem Kopf? Er stolperte in den nächstbesten Teleporter. Der dritte Raum. Keine Stimmen. Nur Pokémon. Und eine Präsenz. Irgendwo. Kadabra. Flegmon. Pantimos. Wow, das ist selten. Kadabra. Wow, unexpected! Alle ausgelöscht. Die Wette haben sie verloren. Und ich habe gewonnen. Hihihi. Er stolperte in den nächstbesten Teleporter. Nur ein Verrückter mit einem Lahmus. Wie lahm. AHAHAHAHAHAHAH. Er stolperte in den nächstbesten Teleporter. Wieder eine Frau, die aussah, als wolle sie den Teufel höchstpersönlich aus im exorzieren. „Mit einem Nebulak und einem Alpollo? Geh‘ in die Klapse.“ Nach dem Kampf gehörte sie da auch hin. Er stolperte in den nächstbesten Teleporter. Wieder so ein Irrer, der aussah, als wäre er aus eben jener Klapse ausgebrochen. Mit seinem Pantimos und Kadabra. Dolphs Pokémon schickten sie dorthin zurück. Er stolperte in den nächstbesten Teleporter. Die Über-Irre. Hitlers Übermensch aus der Psychiatrie. Mit ihrem Alpollo. Aber wohin schickt man Übermenschen? Er stolperte in den nächstbesten Teleporter.

Dolph blickte sich um. Seine verdutzten Pokémon taten es ihm nach. Er hatte nur vage Erinnerungen an den Weg in diesen Raum, als hätte sich ein Mantel der Demenz über ihn gelegt. Die junge Dame, die ihm entgegentrat, musste also Sabrina sein, denn er sah nur einen einzigen Teleporter. Ihren Worten konnte er kaum folgen. Kabuto, Dragonir und Metang waren sichtlich erschöpft; Dolph würde sich auf Fukano und Larvitar verlassen müssen. Einige der Kampfszenen, an die Dolph sich vage meinte erinnern zu können, waren ein gegrilltes Omot und ein Simsala, was von Larvitar zerbissen wurde. Er starrte auf den Boden vor der Arena. Und auf den Orden in seiner Hand. Eine wahrhaftig seltsame Stadt. Er hatte nicht vor, sehr lange hier zu bleiben.
Vermilion City: Stillgestanden, Soldat! – Vier Jahre zuvor

Der Weg nach Oliviana City war recht unbeschwerlich, alle Trainer schienen zum dortigen Arenaleiter, Major Bob, zu wollen. So auch Dolph. Er sah sich den ersten Unglücksvogel an, wie er sich durch die Mülleimer wühlte, um dann tatsächlich Vogelpokémon einzusetzen. Der Geruch von verbranntem Fleisch machte ihn auch gleich hungrig, also beschloss er, sich vor seinem Kampf in einer der diversen Spelunken zu stärken. Während seiner Dienstzeit auf der MS Anne hatte er sie eigentlich alle früher oder später kennengelernt, also ließ er sich in seinem Lieblingslokal nieder und bestellte „das Übliche“.

Wenig später hatte er auch schon ein kühles Bier, ein Tequila und ein großes Schnitzel auf dem Teller. Es schmeckte gut und man tauschte alte Geschichten aus, doch Dolph war schon auf sein nächstes Ziel fokussiert; den nächsten Orden. Außerdem brauchte er wieder Geld, zumindest schrie seine Brieftasche ihm das entgegen, als er den Barmann bezahlte und er konnte nur hoffen, dass kein anderer es hörte; doch seine Sorge schien unbesorgt, denn alle schienen zu sehr mit sich und ihren Geschichten beschäftigt. Dolph verließ das Lokal und machte sich in die Arena auf.

Er beobachtete kopfschüttelnd noch weiteres Kanonenfutter für den Major, bevor der Mann am Eingang ihn endlich antreten ließ. „Metang, such!“ Die beiden Schalter waren schnell gefunden, der Weg war frei. Als Belohnung gab es einen kleinen Happen für Metang, den es gierig verschlang. Alle waren zufrieden, nur das Gesicht von Major Bob zeigte keine Regung. Oder die der fünf Pokémon neben ihm. Die Regeln waren klar: Zwei „Gefechte“ zwei gegen zwei, bei einem Unentschieden sollten die „Generäle“ im Duell aufeinandertreffen. Nicht, dass es in letzter Zeit dazu gekommen wäre, aber gut, Dolph war hier, um das zu ändern. Er hatte seine Teams schon sondiert, es konnte losgehen. Dolphs General betrachtete das Geschehen bereits niederträchtig.

„SOLDAAAATEN AN DIE FRONT!!!“ Raichu und Lektrobal stürmten nach vorne, Kabuto und Dragonir waren etwas eingeschüchtert und wirkten unsicher. Gleich in der Defensive. Scheiße. Major Bob musste seiner Division nur kurze Befehle geben, sie hatten offensichtlich viel Schlimmeres durchgemacht und verstanden sich blind. So weit war Dolph einfach noch nicht. Seine kleine Armee wurde überrannt, nur Dragonir konnte ein Wenig Widerstand leisten, doch am Ende mussten die beiden aufgeben. Major Bob war auf dem besten Wege, auch diesen Krieg zu gewinnen. Den obligatorischen „Die Schlacht hast du gewonnen, aber den Krieg gewinne ich!!!!!111eins“-Spruch, den wahrscheinlich über neuntausend Kadetten hier ausgesprochen hatten, sparte sich Dolph.

Jetzt musste schließlich der Blitzkrieg seiner Panzerdivision über Major Bob hereinbrechen. Dieser stellte seine Truppen bereits auf, Magneton und ein weiteres Lektrobal waren auf dem Feld… Doch was sah Dolph da? Arroganz? Unaufmerksamkeit? Konnte seine Truppenmobilisierung unbemerkt geblieben sein? Zeit, es herauszufinden. Fukano und Metang legten los, ohne dass Dolph ihnen sagen musste, was zu tun war. Metang konnte mit ihm und Fukano kommunizieren – unter Major Bobs Radar. Metangs Bodycheck schleuderte das Lektrobal durch die halbe Arena, Fukanos Flammenwurf war ein Volltreffer. Und seine Armee führte den Blitzkrieg erbarmungslos durch. Er hatte sich wieder an die Front herangekämpft. Nun mussten es die Generäle wieder richten.

Larvitar betrat das Schlachtfeld; die Arena hatte die Schlachten nicht unbeschädigt überstanden. Es betrachtete den General gegenüber höhnisch. Elektek setzte zum ersten Schlag an, doch Larvitar wich schnell aus und war außer Reichweite. „Never give a sword to a man who can’t dance,“ schmunzelte Dolph. Larvitar erzeugte einen Sandsturm, der die Sicht und die Mobilität des Feindes stark beeinträchtigte, sodass der Kugelh-... Steinhagel die Moral der gegnerischen Truppen ins hinterste Versteck zwang. Als dann auch noch die Naturgewalten in Form eines Erdbebens das Schlachtfeld erschütterten, waren alle Widerstände gebrochen. Dolphs General war siegreich und hatte einen großen Schritt getan, um sich in einen despotischen Herrscher, der alles zu erobern und alle seine Feinde zu vernichten gedachte, getan und sich entwickelt.

„Ich bin besiegt. Die Sieger bestimmen.“ Major Bob überreichte Dolph den Orden und Pupitar das Rangzeichen des Reichsmarschalles als Anerkennung und trug seine Niederlage mit angemessener Würde. Mission Accomplished!


Diglett's Cave: ??? – Vier Jahre zuvor

Drei Orden noch. Dann hieß es, sich wieder nach Johto aufzumachen. Fünf polierte Orden zierten seine Mantelinnentasche, er nahm sich eine Kippe und zündete sie an. In der Höhle war es still. Zu still. Umso verwirrter war Dolph, al ser eine Gestalt in der Höhle erkannte, von der er sicher war, dass es sich um Rocko, den Arenaleiter aus Vertania City, handelte. „Rocko? Was geht hier vor sich?“

Die Gestalt drehte sich zu ihm um und sah besorgt aus. „Gerüchten zufolge plant Team Rocket etwas. In Azuria City und Vertania City sind angeblich Rüpel gesichtet worden. Es sind keine Digdas mehr in der Höhle.“ Auf dem Weg nach Vertania City redeten sie über die neusten Gerüchte. Dolph hatte keinen einzigen Rüpel in den Städten gesehen, in denen er war, die Rüpel schienen sich nur in Städten nahe Johto aufzuhalten. Ob das etwas zu bedeuten hatte? Angeblich hatte sich ein junger Trainer bereits nach Johto aufgemacht, um Team Rocket zu stoppen. Dolph spürte Unbehagen aufkommen, als sie aus der Höhle in die frische Abendluft traten.
Pewter City: Felsenfeste Überzeugung – Drei Jahre zuvor

Er verabschiedete sich von Rocko und versprach, ihn die Tage in dessen Arena aufzusuchen. Zuerst mussten sich seine Pokémon von den erbitterten Kämpfen erholen. Er nutzte den Abend, den diese bereits im Poké-Center verbrachten, um Pyro anzurufen. Wenn jemand Informationen über Team Rocket hatte, dann wohl dieser feine Wissenschaftler. Und tatsächlich, Pyro konnte ihm bestätigen, dass „irgendwo in den Bergen zwischen Johto und Kanto“ eine Team Rocket Academy errichtet wurde – was die fehlenden Digdas und Digdris aus der Höhle erklären könnte… Dolph sprach auch mit Nina. Wenn sie wolle, könne sie ihn gerne in Marmoria City besuchen – er bleibe noch einige Zeit hier. Nach dem Gespräch mit ihr rief er noch Rocko an und berichtete ihm, was vorgefallen war. Sie beschlossen, gemeinsam nach der mysteriösen Academy zu suchen und zu trainieren, um diese zu zerschlagen.

Nina kam ihn regelmäßig besuchen, Rocko und er trainierten hart und die Wochen vergingen, ohne dass sie fündig wurden. Den Orden hatte Dolph schon verdrängt, sollte Team Rocket seine Heimat angreifen, würden sie ihn noch kennenlernen. Sie waren teilweise tagelang in den Bergen unterwegs, als sie irgendwann auf einen Pfad stießen. Dieser führte sie, nachdem sie anfänglich enthusiastisch gelächelt hatten – viel zu bereden gab es in dem trostlosen Gebirge ohnehin nicht – geradewegs zu dem legendären Pokélantis, den Relikten einer alten Zivilisation, die bisher nur wenige gesehen hatten. Sie streiften durch die Stätte, bauten ein Lager für die Nacht auf und waren bis tief in die Nacht fasziniert von der Stätte. Erst im Morgengrauen schliefen sie ein.

Sie verbrachten den ganzen Tag damit, durch die Ruinen zu wandern, die riesige Statue des Königs zu bewundern, neue Dinge zu entdecken. Rocko sprach kaum, und auch Dolph hielt sich sehr verschlossen. Sie hatten noch Proviant für drei Tage, also konnten sie zwei volle Tage noch in dieser Ruinenlandschaft verbringen, die jedoch so schön war. Die außerdem eine Ruhe ausstrahlte, wie es in der hektischen Außenwelt undenkbar ist; es war ein Zustand des Dahinvegetierens, fast schon wie in Trance, wie im Delirium, oder wie in einer langen, schweigsamen Meditation. Man kam nicht umher, Mönche zu bewundern.

Die provisorische Karte, auf der sie die möglichen Orte, an denen sich die Academy befinden konnte, einkreisen konnten, bestand aus vielen Kreuzen, die einen Misserfolg kennzeichneten. Weiter im Norden gab es noch die ein oder andere Möglichkeit, den Rest konnten sie mittlerweile fast sicher ausschließen. Den zweiten und damit letzten Tag in Pokélantis verbrachten sie mit Meditieren. Dolph hatte von Rockos bzw. Brunos Trainingsprogramm gehört und war stolz, einen Teil davon miterleben zu können.

Er hatte keine Ahnung, dass der finale Test bevorstand, als sie sich am Abend auf den Weg zurück nach Marmoria City machten. Als sie wieder Empfang hatten, spielte Dolphs PokéNav fast verrückt. „26 verpasste Anrufe von Pyro.“ Sein Herz schlug schneller, als er die Rückruffunktion benutzte. „WO ZUM TEUFEL HAST DU GESTECKT?! … Entschuldige. Die Academy, es gibt neue Hinweise, ich schicke sie dir sofort.” Pyro hatte aufgelegt, bevor Dolph irgendetwas sagen konnte. Dann empfing er Pyros Nachricht; Rocko holte ihre Karte heraus und sie begannen, die Hinweise mit ihrer Karte abzugleichen. Dort, tief in den Bergen, musste die Academy sein. Sie hatten sie gefunden.

Sie aßen schweigend in der Arena und pflegten ihre Pokémon. Den Weg zur Academy konnte man in zehn Stunden zurücklegen. Morgen um diese Zeit wollten sie wieder hier sein. Sie machten sich auf den Weg, stundenlang die gleiche bergige Einöde. Ab und an vergleichende Blicke auf die Karte, ansonsten dem inneren Kompass folgend, alle Schmerzen im Körper wurden ausgeblendet. Und irgendwann sahen sie auch das große Gebäude mit dem R. Unbewacht. Sie traten ein. Laut Pyro befanden sich sechs Teams in der Academy, die trainiert wurden. Zwölf angehende Vorstandsmitglieder von Team Rocket. Viper, der Drill Sergeant, war gesichtet wurden, eine weitere, aber unbekannte, Person wurde per Hubschrauber eingeflogen – daher auch die Information, wo sich die Academy befinden könnte. „Vierzehn gegen zwei. Dann mal los.“

Sie trennten sich. Es gab zwei Flügel, in jedem mussten sich also drei Teams befinden. Mit etwas Glück würden sie unbemerkt bleiben; der Drill-Sergeant wurde im zweithöchsten Stock vermutet. Die unbekannte Person war ein einziges Fragezeichen. Dolph schaffte es, sich der ersten beiden Teams relativ lautlos zu entledigen, das dritte Team machte mehr Aufruhr. Seine Pokémon waren bereits geschwächt und erschöpft, deshalb zog sich der Kampf und konnte nicht unbemerkt geblieben sein. Im Treppenhaus angekommen, lehnte Rocko an der Wand. „Du hast lange gebraucht.“ „Entschuldigung.“ Beide lächelten und stiegen die Treppen hinauf.

Viper erwartete sie bereits. „Ich habe eure Kämpfe gesehen. Müde? Trotzdem,“ er lächelte böse, „wollen wir ja keinen unfairen Kampf, zwei gegen eins…“ Eine Gestalt trat aus dem Schatten. Unverkennbar Giovanni, der Chef von Team Rocket höchstpersönlich. Dolph sah Rocko an und schüttelte den Kopf. Sollte Giovanni kämpfen, hatten sie keine Chance. Doch sie hatten Glück. „Sie es als Test, Viper! Zwei geschwächte Weichlinge, ich erwarte dich in fünf Minuten im Hubschrauber!“ Dolph fasste Mut, ohne es zu zeigen. Sein Herz klopfte wie seit langem nicht mehr.

Glücklicherweise verstand Viper wohl nur etwas von Befehle auszuführen und zu verteilen; nicht jedoch vom Kämpfen. Es war trotzdem hart, und nur noch Dragonir war nach dem Kampf in der Lage, sich zu bewegen, wenn auch sehr geschwächt. Viper war bewusstlos, dafür hatte Rockos Georok noch gesorgt. Sie rannten die Treppen hoch auf das Dach zum Helikopter, der sich bereits in der Luft befand. „Beeindruckend… Erst das Trio,“ Giovanni deutete auf Dolph, „und nun Viper. Man sieht sich, kleiner Mann. Vielleicht in… Johto?“ Die Türen knallten zu. Welches Trio? Fuck, ich muss nach Johto!

Sie kamen exakt vierundzwanzig Stunden nach ihrem Aufbruch wieder in Marmoria City an, Georok und Dratini trugen den mal bewusstlosen, mal paralysierten Viper mit sich, den sie bei Officer Rocky ablieferten. Dann standen sie ratlos vor dem Poké-Center, wo sie wiederum Schwester Joy ihre Lieblinge anvertraut hatten Ihr entsetzter Blick hatte Bände gesprochen. „Danke,“ sagte Rocko und schüttelte Dolphs Hand, „von Herzen.“ „Es war mir eine Ehre,“ sagte Dolph ebenso ehrlich, „aber verzeih‘, wenn ich mich hinlegen muss, ich bin nur noch erschöpft.“ In dem Gasthaus ließ er sich nur halbnackt in sein Bett fallen, nach ungefähr 50 Stunden wach zählte nur noch der Schlaf.

Als er aufwachte, zeigte die Uhr gerade 13:38 an. Fünfzehn Stunden Schlaf und trotzdem fühlte er sich wie gerädert. Eine Nachricht von Nina kündigte ihr Kommen übermorgen Abend an. Datum: Vorgestern. „FUCK! Das war es dann mit der Ruhe…” Nachdem er ausgiebig geduscht hatte, ging er zur Tür; ein Briefumschlag lag da. Er zog die Karte hinaus und faltete sie einmal auf. Grüße aus den Bergen. Rocko. Er faltete ein weiteres Mal und hatte einen Orden in der Hand. Rocko war nie ein Mann vieler Worte gewesen, aber jetzt war selbst Dolph komplett sprachlos.

Er speiste etwas und legte sich gleich wieder hin, um abends halbwegs fit zu sein. Er stellte vorsichtshalber einen Wecker. Bevor er einschlummerte, kreisten seine Gedanken um sich und seine Pokémon. Wie lange diese Wunden wohl heilen mussten?
Viridian City: Der Spaß hat ein Ende – Drei Jahre zuvor

Das letzte Wochenende in Marmoria City würde er in guter Erinnerung behalten. Rocko hatte sein Trainingsprogramm, aber Dolph war mit seiner Wahl wesentlich zufriedener. Der siebte Orden war sicherlich die schwierigste Hürde für ihn, immerhin war mittlerweile kein geringerer als Gary Motherfucking Oak der Arenaleiter in Vertania City. Dolph stellte sich schon einmal auf ihn ein, und er fühlte sich als könne ihn niemand besiegen. Positive Wirkung, die intensives Training nun einmal entfaltet.

Tauboga, Simsala und Kokowei gegen Pupitar, Metang und Fukano. Drei Runden, nach denen er den Erdorden in der Hand halten würde. Eine durfte verloren werden, das war ein Risiko, das man durchaus auf sich nehmen konnte. Seine Pokémon waren fit wie nie, Dolph war hoch motiviert, alles war perfekt. Und abgesehen von der Arena hatte Vertania City ja eh nichts für ihn zu bieten, sodass er insgeheim schon sein letztes Ziel vor Augen hatte: Prismania City.


Olivine City: Eine Spelunke – heute

Dolph drückte eine weitere Zigarette aus und nahm einen weiteren Schluck. „Der Kampf mit Gary Eich könnte einen Roman füllen. Der intensivste Kampf, den ich jemals hatte… Hart, aber fair. Sehr knapp. Er hat die erste Runde gewonnen, danach war das Glück auf meiner Seite. Ich habe mich kurz in Kanto rumgeschlagen, bis das Geld weg war. Und Nina. Dann kam ich endlich in Prismania City an, ich brauchte ja noch immer ein Elektropokémon.“ Er lächelte und streichelte Blitza liebevoll.


Celadon City: Besoffen! – Zwei Jahre zuvor

Sturzbetrunken und ohne Geld torkelte Dolph durch Prismania City. Die letzte, fast leere Flasche Rum in der einen Hand, in der anderen das Sturmfeuerzeug, mit dem er seit Minuten versuchte, sich diese eine letzte verdammte Kippe anzuzünden. Er hatte alles. Ein wenig Geld, ein schönes Mädchen, eine schöne Zeit mit ihr… Dann war es weg. Erst das Geld, dann das Mädchen. Jetzt seine Selbstachtung. Endlich hatte er die letzte verdammte Kippe angezündet und zog genüsslich tiefe Züge. Seine Pokémon waren seit Tagen im Poké-Center und mussten sich tierisch langweilen und fragen, wo er steckte. Das gab ihm Gewissensbisse; nichts anderes.

In irgendeiner Spelunke traf er auf Spieler. So wie er einer war. Er setzte alles, was er bei sich hatte. Die sieben Orden, das Feuerzeug, den Pokécom. Sein Gegenüber setzte ein Evoli und gut und gerne 30.000 Pokédollar. In dieser Stunde, in diesem Pokerduell wurde Dolph geläutert. Der gequälte Blick, den das Evoli ihm zuwarf, der ihn fühlen ließ als sei er stocknüchtern, erschütterte ihn. Er hatte gegen Team Rocket gekämpft und sich dann wegen einem beschissenen Rückschlag aus der Bahn werfen lassen. Hatte sein Ziel aus den Augen verloren und seine Mitstreiter, seine Freunde, die so viel mit ihm durchgemacht hatten, im Stich gelassen.

Er lallte weiter herum, aber wenigstens wusste er nun, was er zu tun hatte. Er hatte sein Ziel wieder vor Augen und war mehr als gewillt, es zu erreichen. Mit einer Hand gewann er dann alles. Das Evoli, das Geld. Die Spieler guckten seinen Gegenüber ungläubig an, an dessen Stirn sich eine Ader derart bedenklich abzuzeichnen begann, dass alle Alarmglocken in ihm schrillten. Er hatte seine Orden und sein Feuerzeug bereits verstaut, als der die gingetränkte Stimme des Verlierers hörte: „Drei Sekunden, dann bist du hier raus.“ Er schnappte sich das Evoli, „Eins…“, griff sich mit der anderen Hand so viele Scheine wie er konnte, und rannte, „Zwei…“, nein, stürmte aus der Spelunke, bevor er das letzte Wort hören konnte. „WHOOOOOHOOOOOOOOOO!!!“ Er war wie im Rausch und rannte bis zum Poké-Center, wo er kaum noch Atem genug hatte, um seine Pokémon einzufordern. Er legte einige Scheine hin, egal welcher Betrag, nur um sie wieder in die Arme schließen zu können. Die vorwurfsvollen Blicke bemerkte er erst, als er in das Hinterzimmer der Villa einbrach, um sich und seinen Pokémon ein Schlafquartier zu finden.

Dolph weinte, als er jedes Pokémon umarmte. „Ich weiß, ich hab Scheiße gebaut. Big time. Begrüßt bitte alle Evoli… Ich hab mich wieder gefunden, das verspreche ich euch. Bitte verzeiht mir… Morgen holen wir uns den letzten Orden, und dann sehen wir weiter, einverstanden?“ Skeptische Blicke, angewidert von Rum und Tequila.

Der nächste Tag war ein einziger Kater, der Kampf gegen Erika eine Qual, die Dolph eigentlich gar nicht miterlebte, sondern nur mit ansah. Seine Pokémon waren auf jeden Fall noch voll da. Jetzt galt es, sich das Vertrauen zurück zu erkämpfen. Er kaufte das Zugticket, das sie alle zurück nach Johto befördern sollte. Noch heute Abend. Aber was meinte Giovanni?

[Kanto Cliffhanger!]
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